Goethe-Universität zeichnet herausragende Wissenschaftler*innen aus den Bereichen Rechtswissenschaft, Mikrobiologie und Inklusionsforschung aus – Justizminister als Laudator
Alle zwei Jahre vergibt die Alfons-Gertrud-Kassel-Stiftung den „Scientist of the Year“-Preis sowie den „Public Service Fellowship-Preis“ an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Goethe-Universität. Jährlich verleiht zudem der Präsident der Goethe-Universität den New Horizon-Preis. Erstmals fand gestern die öffentliche Auszeichnung im Rahmen einer gemeinsamen Feier statt. Prämiert wurden die Mikrobiologin Inga Hänelt, die Juraprofessorin Indra Spiecker und der Erziehungswissenschaftler Lukas Gerhards.
FRANKFURT. Die
drei Wissenschaftler*innen, die am gestrigen Abend an der Goethe-Universität
prämiert wurden, leisten „außerordentliche wissenschaftliche Arbeit und“,
führte Universitätspräsident Enrico Schleiff in seinem Grußwort aus, „sie
lassen andere an den Ergebnissen dieser Wissenschaft teilhaben, alle von ihr
profitieren – in einem Wortverständnis, das weit hinaus reicht über den
wirtschaftlichen Effekt.“ Damit verwirklichten sie etwas, so Schleiff, was die
Goethe-Universität wesentlich ausmache: „Dass wir die zusammengetragenen
Wissensschätze nicht für uns behalten, sondern ganz bewusst teilen: in die
Wissenschaftslandschaft hinein und – in intelligent strukturierten Dialogen
sowie mit modernen Methoden – mit der Gesellschaft.“
Den Preis „Scientist of the Year“ der Alfons und Gertrud
Kassel-Stiftung 2023 erhält die Mikrobiologin Prof. Inga Hänelt für
ihre herausragende Forschung und ihr hohes Engagement in der Nachwuchsförderung.
Die Heisenberg-Professorin am Institut für Biochemie der Goethe-Universität
wurde ausgezeichnet für ihren Beitrag zum Verständnis von Prozessen, die
Bakterien unter verschiedenen Stressbedingungen das Überleben ermöglichen;
konkret geht es dabei um ihre Arbeit zur mikrobiellen Kaliumhomöostase, also zu
den Prozessen, mit denen sich Bakterien durch Kaliumaufnahme oder -abgabe zum
Beispiel an salzige Umgebungen, Trockenheit oder extreme pH-Werte anpassen.
Hänelts mehrfach prämierte Arbeiten sind national wie international hoch
angesehen und haben Eingang in höchstrenommierte Fachzeitschriften gefunden.
Darüber hinaus gehört die Mikrobiologin aufgrund ihrer exzellenten Leistung
vielen Forschungsverbünden der Deutschen Forschungsgemeinschaft an. An der
Goethe-Universität ist sie eine der verantwortlichen Wissenschaftler*innen der
Clusterinitiative SCALE (SubCellular Architecture of LifE).
Den „Scientist of the Year“-Preis in Höhe von 25.000 Euro,
den die Stiftung alle zwei Jahre vergibt, erhält Inga Hänelt auch für ihre
exzellente Betreuung und Förderung junger Wissenschaftler*innen. In der
Laudatio anlässlich der Preisverleihung lobte Hänelts Arbeitsgruppe das
Engagement ihrer Mentorin, die sich weit über die eigene Gruppe hinaus für die
Weiterbildung junger Wissenschaftler*innen einsetze.
Der „Public Service Fellowship-Preis“ der Alfons und Gertrud
Kassel-Stiftung 2022 ging in diesem Jahr an Prof. Indra Spiecker genannt
Döhmann. Spiecker lehrt seit 2013 an der Goethe-Universität Öffentliches
Recht, Informationsrecht, Umweltrecht und Verwaltungswissenschaften. Sie leitet
die Forschungsstelle Datenschutz und ist wissenschaftliche Direktorin des
Instituts für Europäische Gesundheitspolitik und Sozialrecht (ineges). Als
erste Juristin überhaupt gehört sie der Deutschen Akademie der
Technikwissenschaften (acatech) an. Sie wirkt u.a. in der Steuerungsgruppe
„Digitalisierung und Gesellschaft“ der Nationalen Akademie der Wissenschaften
Leopoldina mit. Indra Spiecker gehört zu den führenden und international
renommierten juristischen Fachleuten. Sie erforscht u.a. die
Regulierungsbedingungen und -möglichkeiten der digitalen Welt und der dortigen
Machtverschiebungen und analysiert dazu u.a. Entscheidungen in
Unsicherheitssituationen oder das Verhältnis von Vertrauen und Konflikt, das
auch in der Clusterinitative ConTrust erforscht werden soll. Spiecker
wird als Expertin von vielen Institutionen, insbesondere zu rechtlichen
Aspekten der Digitalisierung, häufig zu Rate gezogen, z.B. für den Dritten
Gleichstellungsbericht der Bundesregierung, von den Datenschutzbehörden oder
der Antidiskriminierungsstelle des Bundes.
Der mit 10.000 Euro dotierte „Public Service
Fellowship-Preis“ wird von der Alfons und Gertrud Kassel-Stiftung alle zwei
Jahre an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Goethe-Universität
vergeben, die in bedeutenden wissenschaftlichen oder wissenschaftspolitischen
Gremien tätig sind. Das Preisgeld soll Projekte ermöglichen, die wegen des
besonderen Engagements nicht weiter bearbeitet werden konnten. Prof. Spiecker
ist die vierte Preisträgerin – nach der Erziehungswissenschaftlerin Sabine
Andresen, dem Finanzwissenschaftler und früheren „Wirtschaftsweisen“ Prof.
Volker Wieland und dem Mediziner und langjährigen Vorsitzenden des
Sachverständigenrats Gesundheit der Bundesregierung Prof. Dr. Ferdinand
Gerlach. Die Laudatio auf Indra Spiecker genannt Döhmann hält Prof. Roman
Poseck, Hessischer Minister der Justiz.
Der diesjährige Preisträger des New Horizon Preis des Präsidenten ist der Inklusionsforscher Lukas Gerhards. Der mit 5.000 Euro dotierte Preis fördert junge Wissenschaftler*innen der Goethe-Universität, die in ihrer Arbeit und ihrem Denken neue Wege beschreiten. Der Doktorand Lukas Gerhards widmet sich nach seinem Studium der Sonderpädadogik der Inklusionsforschung. In seiner neurophilosophisch ausgerichteten Promotion untersucht er etwa, was Neurodiversität bedeutet, wie es also zu unterschiedlicher Wahrnehmung von Umwelt kommt. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Team der Inklusionsforscherin Prof. Dr. Vera Moser wirkt Lukas Gerhards federführend mit an dem BMBF-geförderten innovativen Forschungsverbund Schule & Autismus „schAUT“. Gemeinsam mit Autist*innen will dieses Projekt erstmals gezielt Barrieren für autistische Schüler*innen an Schulen identifizieren und Möglichkeiten erkunden, diese abzubauen. Welche Faktoren stören autistische Schüler*innen beim Lernen? Erste Erkenntnisse belegen bereits, dass autistische wie nicht-autistische Schulkinder von denselben Faktoren – wie etwa grelles Licht und hoher Geräuschpegel - gestört werden, so dass alle von einem Abbau dieser Barrieren profitieren. Das Projekt fördert zudem einen hohen Wissenstransfer in die Gesellschaft: Es umfasst einen Barriere-Fragebögen, eine Handreichung zum Umgang mit dem Instrument und ein Fortbildungskonzept für Schulen sowie Informationsmaterial für die interessierte Öffentlichkeit. Der New Horizon-Preis wurde erstmals 2022 an die Wirtschaftspädagogin Dr. Christin Siegfried vergeben.
Die Alfons und Gertrud Kassel-Stiftung wurde 2007 mit dem Ziel
gegründet, Wissenschaft, Forschung und Lehre an der Goethe-Universität zu
fördern. Sie basiert auf einem Stiftungsvermögen, das die Stifterin Gertrud
Kassel hinterlassen hat. Damit unterstützt die Stiftung zahlreiche Projekte der
Universität.
Redaktion: Pia Barth, Referentin für Wissenschaftskommunikation, Büro
für PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12481, Fax 069 798-763-12531, p.barth@em.uni-frankfurt.de