Neuer Energierekord bei Kollisionen von Blei-Ionen am CERN – höhere Kollisionsraten versprechen neue Erkenntnisse über die Anfänge des Universums
Den Materiezustand kurz nach dem Urknall, das sogenannte Quark-Gluon-Plasma, erforscht das ALICE-Experiment am Teilchenbeschleunigerzentrum CERN in Genf, wo Blei-Ionen miteinander kollidieren und für winzige Sekundenbruchteile ein solches Quark-Gluon-Plasma entstehen lassen. Jetzt wurden am CERN für das ALICE-Experiment in einem Testlauf erstmals Kollisionsenergien von 5,36 Teraelektronenvolt pro Blei-Blei-Kollision erzeugt, die weltweit höchste bislang erreichte Kollisionsenergie. Forschende um Harald Appelshäuser von der Goethe-Universität haben den zentralen ALICE-Detektor auf die nun höheren Kollisionsraten vorbereitet und hoffen auf neue Erkenntnisse über die Entstehung des Universums.
FRANKFURT. Wenige
Sekundenbruchteile nach dem Urknall lag die gesamte Materie des Universums in
einer Art „Elementarteilchen-Suppe“ als so genanntes Quark-Gluon-Plasma vor.
Solch ein Quark-Gluon-Plasma lässt sich in Teilchenbeschleunigern für extrem
kurze Zeit erzeugen, wenn man schwere Ionen kollidieren lässt. Daher sind die
Kollisionen von Blei-Ionen von zentraler Bedeutung für das ALICE Experiment am
Beschleunigerzentrum CERN, das die Eigenschaften von Materie, wie sie kurz nach
dem Urknall vorgelegen hat, untersuchen möchte.
Während einer vierjährigen Umbauphase von 2018 bis 2022 wurde der
weltweit stärkste Teilchenbeschleuniger, der Large Hadron Collider am CERN,
nochmals verbessert und kann jetzt deutlich mehr Bleiionen beschleunigen als
zuvor. Auch der ALICE Detektor wurde in dieser Zeit ertüchtigt, um die höheren Kollisionsraten,
die der LHC in Zukunft liefern wird, aufzeichnen zu können. Hierzu war es
notwendig, die Auslesedetektoren des zentralen Detektors des Experiments, der
sogenannten Spurendriftkammer TPC (engl. Time Projection Chamber) komplett
auszutauschen. Die Projektleitung dieses bislang zehnjährigen Unterfangens
liegt bei Prof. Harald Appelshäuser vom Institut für Kernphysik der
Goethe-Universität Frankfurt. Die neue TPC soll es unter anderem ermöglichen,
die Temperatur des Quark-Gluon-Plasmas zu bestimmen, das während der der
Blei-Blei-Kollision entsteht.
Mit den jetzt am CERN durchgeführten Tests mit Blei-Ionen können
die ALICE-Forscherinnen und Forscher überprüfen, ob die Auslese und
Signalverarbeitung wie erwartet funktionieren. Eine große Herausforderung sind
dabei die enormen Datenmengen, die während der Messungen anfallen und allein
für die TPC im Bereich von mehreren Terabyte pro Sekunde liegen. Dieser
Datenstrom muss in Echtzeit mit effektiven Mustererkennungsmethoden prozessiert
werden, um die gespeicherte Menge der Daten ausreichend reduzieren zu können.
Eigens hierzu wurde das Rechencluster EPN (Event Processing Nodes)
für das Experiment aufgebaut. Das EPN-Cluster basiert sowohl auf
konventionellen Prozessoren (CPUs) als auch auf speziellen Grafikprozessoren.
Die Leitung dieses Projekts liegt bei Prof. Volker Lindenstruth, Frankfurt
Institute for Advanced Studies (FIAS) und Institut für Informatik der
Goethe-Universität.
Die ersten Messungen bei der neuen Energie sind ein großer Erfolg
für das Schwerionenprogram am CERN. Prof. Harald Appelshäuser sagt: “Wir können
es kaum erwarten, dass es nun wirklich losgeht mit den Messungen."
Bilder zum Download: https://www.uni-frankfurt.de/129304631
Bildtext: Der ALICE-Detektor wird für das Upgrade geöffnet. Foto: Sebastian
Scheid, Goethe-Universität Frankfurt
Weitere Informationen
Prof.
Dr. Harald Appelshäuser
Institut für Kernphysik
Goethe-Universität Frankfurt
Tel: +49 (0) 69 798-47034 oder 47023
appels@ikf.uni-frankfurt.de
@ALICExperiment
Redaktion: Dr. Markus Bernards, Referent für
Wissenschaftskommunikation, Büro PR & Kommunikation,
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