Arbeitsministerium und IWAK bereiten Arbeitgeber auf 30 Jahre Mangel vor: Für erfolgreiche Zukunft ist strategische Neuausrichtung geboten
Die Fachkräfteinitiative des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration hat heute zusammen mit dem Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) der Goethe-Universität online erste Ergebnisse ihrer regionalen Zukunftswerkstätten präsentiert. Danach werden weitsichtige Strategien benötigt, um langfristig ausreichend Fachkräfte für den hessischen Arbeitsmarkt sichern zu können.
FRANKFURT.
In
den regionalen Zukunftswerkstätten besprechen die Arbeitsmarktakteure der
Regionen unter
Federführung der lokalen Wirtschaftsförderungen und moderiert durch das IWAK
die zu erwartende Entwicklung des Arbeitsmarkts und denken über regionale
Lösungsansätze nach. Bisher bewährte Strategien werden angesichts der
Entwicklungen noch breiter und nachhaltiger aufgestellt. Die demographische
Entwicklung ist absehbar: Die Babyboomer und die in den 1970er-Jahren Geborenen
werden den Arbeitsmarkt in den kommenden 30 Jahren altersbedingt verlassen. Die
nachfolgenden Generationen können die entstehende Lücke nicht schließen. Um dem
absehbaren Mangel an Fachkräften rechtzeitig vorzubeugen bzw. ihn zu dämpfen,
sind weitsichtige Strategien notwendig. Hier bestehen in Hessen gute
Grundlagen, weil in den meisten Regionen bereits Strategien zur
Fachkräftesicherung entwickelt wurden.
„In
Hessen verfolgen wir seit langem einen breiten Fachkräftesicherungsansatz und
bearbeiten die Fachkräftesicherung kontinuierlich. Diesen guten Weg müssen wir
stringent fortsetzen“, erklärte Sozial- und Integrationsminister Kai Klose im
Rahmen der heutigen sehr gut besuchten Online-Veranstaltung. „Mit unserer
Fachkräfteinitiative ‚Zukunftsgerecht und regional' haben meine Stabsstelle
Fachkräftesicherung und das IWAK der Goethe-Universität in vielen hessischen
Kommunen Zukunftswerkstätten durchgeführt. Ihr Ziel ist, die bestehenden
Ansätze der Fachkräftesicherung zu prüfen, zu ergänzen und durch neue Impulse
zu verbessern. Diese Veranstaltungen stießen bisher auf eine erfreulich
positive Resonanz“. „Den Akteuren vor Ort wird oft erst durch diese kommunalen
Zukunftswerkstätten deutlich, wie ernst die Lage ist. Im Austausch mit anderen
wird ihnen klar, dass der Mangel nicht mehr ausgesessen werden kann. 30 Jahre
sind dafür ein viel zu langer Zeitraum, der überbrückt werden müsste“, ergänzt
Dr. Christa Larsen, Leiterin des IWAK.
Minister
Klose sprach die besondere Situation der sozialen Berufe an und wies darauf
hin, dass sich die Landesregierung dieses Themas in den vergangenen fünf Jahren
im Rahmen des „Neuen Bündnisses Fachkräftesicherung“ des HMSI in einer eigenen
Fokusgruppe Pflege und Gesundheit intensiv angenommen habe. An der Fokusgruppe
haben Akteure aus Wirtschaft, Gewerkschaften, Arbeitsverwaltung,
Gesundheitssektor, Kirchen, Kommunen, Regionen, Wissenschaft, Verbänden und
Landesregierung zusammengearbeitet. Darüber hinaus sei das
Pflegequalifizierungszentrum Hessen eingerichtet worden – ein bundesweit
einmaliges Projekt, das Einrichtungen und potentielle Arbeitgeber bei der
internationalen Suche nach Pflege- und Gesundheitsfachkräfte unterstützt.
Außerdem ermögliche das Land Ausbildungsunterstützung, indem es die
Schulgeldfreiheit für alle Gesundheitsfachberufe fördere sowie den Zugang zur
Ausbildung niedrigschwelliger gestalte: „Mit der letzten Änderung des
Hessischen Altenpflegehilfegesetzes von 2020 wurden Möglichkeiten geschaffen,
zur Altenpflegehilfeausbildung unter bestimmten Voraussetzungen auch ohne
Hauptschulabschluss oder gleichwertigen Schulabschluss zugelassen zu werden.
Das ist eine erhebliche Erleichterung.“
Auch
das Förderprogramm „Sozialwirtschaft integriert“ habe das Ziel, mehr Menschen
in der Pflege in Ausbildung zu bringen und richte sich vor allem an Geflüchtete
mit guter Bleibeperspektive und an Migrantinnen und Migranten, so Klose weiter.
Das Modellprojekt für den Wiedereinstieg von Hebammen in die klinische
Geburtshilfe stärke zudem die Geburtshilfe in Hessen. Bereits ausgebildete
Hebammen, die aus der klinischen Geburtshilfe ausgeschieden sind, sollen wieder
dauerhaft für den Kreißsaal zurückgewonnen werden.
Um
weiter eine hochwertige gesundheitliche Versorgung im ländlichen Raum zu
sichern, habe die Landesregierung neben dem Erlass der Richtlinie zur
gesundheitlichen Versorgung insbesondere in ländlichen Räumen die
Doppel-Vorabquote für Medizinstudienplätze geschaffen. Die richte sich an
Interessierte, die Medizin studieren wollen, um anschließend als Hausärztin
bzw. Hausarzt im ländlichen Raum oder als Fachärztin bzw. Facharzt im
Gesundheitsamt zu arbeiten. Die bereits in mehreren Kreisen durchgeführten
Zukunftswerkstätten hätten zudem gezeigt, dass auch eine bessere Vernetzung der
kommunalen und regionalen Wirtschaftsförderungen notwendig sei, waren sich
Klose und Larsen einig.
„Durch
die Zukunftswerkstatt im Werra-Meißner-Kreis konnten wir wichtige neue
Handlungsfelder identifizieren. Wir sind froh, dabei von den Erfahrungen
anderer Wirtschaftsförderer profitieren zu können; eine Erkenntnis ist, dass
wir das Fachkräftethema in Zukunft nur gemeinsam meistern können, kreisintern
und im Verbund mit den umliegenden Landkreisen“, berichtet Dr. Lars Kleeberg,
Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft des
Werra-Meißner-Kreises. Bernd Rudolph, Geschäftsführer der
Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Kreises Hersfeld-Rotenburg, ergänzt:
„Unser Kreis ist seit Öffnung der innerdeutschen Grenze von einer starken
Logistikbranche geprägt, eine der Branchen, für die in Zukunft die größten
Arbeits- und Fachkräfteengpässe prognostiziert werden. Wir bündeln zukünftig
die Erfahrungen der Wirtschaftsförderungen aus den Regionen mit
Logistikstandorten und erhalten zusätzlich durch die wissenschaftliche
Begleitung des IWAK weitere Ideen aus dem Ausland. Dies sind optimale
Voraussetzungen für die Gestaltung zukunftsfähiger Handlungsfelder.“ Die
Kooperation zwischen den Kommunen soll bis Ende 2024 durch das IWAK begleitet
werden.
Die
Stabsstelle Fachkräftesicherung im Hessischen Ministerium für Soziales und
Integration und das IWAK der Goethe-Universität unterstützen im Rahmen der
Fachkräfteinitiative aktiv die Fachkräftesicherung in Hessen mit den
Zukunftswerkstätten und der interkommunalen Vernetzung der
Wirtschaftsförderungen. Prof. Dr. Michael Huth, Vizepräsident der
Goethe-Universität, betont: „Heute zeigt sich einmal mehr die enge und gute
Zusammenarbeit von Goethe-Universität und Land Hessen. Wir freuen uns,
gemeinsam diesen wichtigen Beitrag zur Fachkräftesicherung und damit zur
Stabilität des Wirtschaftsstandorts Hessen leisten zu können.“
Informationen
Dr. Christa Larsen
Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) der Goethe-Universität
Telefon 069 798- 22152
E-Mail c.larsen@em.uni-frankfurt.de
Redaktion: Dr. Anke Sauter, Referentin für Wissenschaftskommunikation,
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