Die amerikanische Philosophin widmet sich in drei Vorlesungen der historischen und kulturellen Rekonstruktion von Race.
FRANKFURT. Für die
Adorno-Vorlesungen 2022 konnte die Philosophin Linda Martín Alcoff (Hunter
College/Graduate Center der City University of New York) gewonnen werden. Ihre
drei Vorlesungen laufen unter dem Titel „Race, Culture, History“ und finden vom
29. Juni bis zum 1. Juli 2022 im Hörsaal IV am Campus Bockenheim statt.
Darin widmet sich Alcoff
der historischen und kulturellen Rekonstruktion von Race und damit verbundenen
Identitäten: Welche Erfahrungen entstehen aus der konstitutiven Beziehung von
Race, History and Culture? Wie sind bestimmte Vorstellungen von Race mit
konkreten, regressiven wie progressiven, Praktiken und Lebensweisen verbunden?
Und inwieweit braucht es neue Ansätze, um die Narrative des Rassismus und ihr
Fortbestehen zu überwinden und gesellschaftliche Verhältnisse zu
transformieren? Die Vorlesungen finden auf Englisch statt.
Erste Vorlesung: „The
Historic Formation of Race“, 29. Juni
In ihrer ersten Vorlesung mit dem Titel »The Historic Formation of Race«
untersucht Linda M. Alcoff die zeitlich und lokal variierenden Vorstellungen
von Race und nimmt bislang unterbestimmte und fehlgeleitete Zusammenhänge in
den Blick. Die Differenzkategorie Race, so Alcoff, ist nicht begrifflich
falsch, ideologisch oder moralisch verwerflich, sondern entwickelte sich im
Zuge historischer Ereignisse und erweist sich als durchweg sozial,
kontextgebunden und dynamisch. Race umfasst gemeinsame Lebensformen,
Subjektivierungsweisen und geteiltes Wissen, die aus der Kolonialgeschichte
entstanden sind und bis in die Gegenwart fortdauern.
Zweite Vorlesung:
„Cultural Racism“, 30. Juni
Unter dem Titel
»Cultural Racism« wendet sich Alcoff in ihrer zweiten Vorlesung dem von Frantz
Fanon in den 1950ern geprägtem Konzept des kulturellen Rassismus zu und
entwickelt es auf Grundlage theoretischer und gesellschaftspolitischer Diskurse
weiter: Einerseits legitimieren die rassistischen und kolonialen Ideologien bis
heute Krieg, Enteignung und die Verweigerung von demokratischer Partizipation,
anderseits eröffnet die kritische Reflexion des Konzepts die Möglichkeit einer
antikolonialen und widerständigen Praxis sowie eine Reformierung sozialer Ideen
und Praktiken. Alcoff zeigt, wie bestehende problematische Vorstellungen über
den Globalen Süden zu überwinden sind, um Kulturen in ein neues,
emanzipatorisches Verhältnis zueinander setzen zu können.
Dritte Vorlesung: „The Crises of White Identity“, 1. Juli
Die weiße Identität
befindet sich in einer Krise. Die rassistische Abwehr und nationalistische
Verweigerung der sowie die öffentlichen Angriffe auf die Auseinandersetzung mit
dem kolonialen Erben sind davon ebenso Ausdruck wie die immer noch in
Alltagspraktiken und Lebensweisen verankerte, jetzt aber zu bröckeln beginnende
Vorstellung einer weißen Vormachtstellung. In ihrer dritten Vorlesung »The
Crises of White Identity« lokalisiert Alcoff progressive Gestaltungsräume in
diesen Spannungsfeldern und zeigt Möglichkeiten der Transformation und für die
gemeinsame Neugestaltung von Lebensweisen.
Linda M. Alcoff, Prof. Dr., ist Professorin für
Philosophie am Hunter College und dem Graduate Center der City University of
New York. Zu ihren Forschungsfeldern zählen die Kontinentalphilosophie des 19.
und 20. Jahrhunderts, Critical Race Studies, Sozialphilosophische
Epistemologie, Postkoloniale und Feministische Theorien sowie die
Lateinamerikanische Philosophie. Linda M. Alcoff war Mitglied des
Programmbeirats der New York Society for Women in Philosophy und Präsidentin
der American Philosophical Association. Als Autorin schreibt sie regelmäßig für
die New York Times, Aeon und New York Indypendent. Für ihre 2006 erschienene
Publikation Visible Identities. Race, Gender and the Self (Oxford: Oxford
University Press) erhielt Linda M. Alcoff den Frantz Fanon Preis der Carribean
Philosophical Association. Zu ihren weiteren Buchveröffentlichungen zählen
unter anderem: Rape and Resistance. Understanding the Complexities
of Sexual Violation. Cambridge: Polity Press 2018; The Future of Whiteness.
Cambridge: Polity 2015; The Routledge Companion to the Philosophy of Race. New
York und London: Routledge 2018 (Hg. zusammen mit Paul Taylor and Luvell
Anderson).
Weitere Informationen finden Sie auf der Website des
IfS: https://www.ifs.uni-frankfurt.de/eventleser/linda-martin-alcoff-race-culture-history.html
Kontakt: Mirko Broll, Wissenschaftlicher
Mitarbeiter und Referent für Öffentlichkeitsarbeit, Institut für
Sozialforschung (IfS), broll@em.uni-frankfurt.de
Redaktion: Dr. Dirk Frank, Pressereferent / stv. Leiter, Abteilung PR & Kommunikation,
Telefon 069 798–13753, frank@pvw.uni-frankfurt.de