Forscherinnen und Forscher der Goethe-Universität untersuchen oxidativen Stress in Mäusen
Sauerstoffradikale im Körper gelten gemeinhin als gefährlich, denn
sie können so genannten oxidativen Stress auslösen, der mit der Entstehung
vieler chronischer Krankheiten wie Krebs und Herz-Kreislauferkrankungen in
Zusammenhang gebracht wird. In Untersuchungen an Mäusen haben
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Goethe-Universität Frankfurt jetzt
herausgefunden, wie Sauerstoffradikale andererseits auch das Krebsrisiko senken
und Schäden am Erbmolekül DNA mindern können (PNAS, DOI 10.1073/pnas.2020152118).
FRANKFURT.
Ursprünglich galten Sauerstoffradikale - reaktive Sauerstoffspezies, kurz
ROS – im Körper als ausschließlich schädlich. Sie entstehen zum Beispiel beim
Rauchen oder durch UV-Strahlung und können in Zellen durch ihre hohe
Reaktionsfähigkeit viele wichtige Moleküle schädigen, darunter Erbmolekül DNA.
In der Folge drohen Entzündungsreaktionen und die Entartung der betroffenen
Zellen zu Krebszellen.
Wegen ihrer schädigenden Wirkung werden ROS auch gezielt vom
Körper gebildet, etwa von Immun- oder Lungenepithelzellen, die mit ROS
eindringende Bakterien und Viren zerstören. Hierfür sind verhältnismäßig hohe
ROS-Konzentrationen nötig. In geringen Konzentrationen spielen ROS jedoch
andererseits eine wichtige Rolle als Signalmoleküle. Für diese Aufgaben werden
ROS von einer ganzen Gruppe von Enzymen eigens hergestellt. Ein Vertreter
dieser Enzymgruppe ist Nox4, das laufend in geringen Mengen H2O2
produziert. Nox4 kommt in fast allen Körperzellen vor, wo sein Produkt H2O2
eine Vielzahl der spezialisierten Zellfunktionen aufrechterhält und so zum
Beispiel zur Hemmung von Entzündungsreaktionen beiträgt.
Dass Nox4 über die Herstellung von H2O2 der
Entstehung von Krebs sogar vorbeugen kann, fanden jetzt Forschende der
Goethe-Universität Frankfurt unter der Leitung von Prof. Katrin Schröder
heraus. Dazu untersuchten sie Mäuse, die infolge einer genetischen Veränderung
kein Nox4 bilden konnten. Wurden solche Mäuse einem Krebs erregenden Umweltgift
(Kanzerogen) ausgesetzt, verdoppelte sich die Wahrscheinlichkeit, dass sie
einen Tumor entwickelten. Da die Mäuse an ganz verschiedene Tumorarten wie
Haut-Sarkome und Dickdarm-Karzinome litten, vermuteten die Forschenden, dass
Nox4 einen grundsätzlichen Einfluss auf die zelluläre Gesundheit hat.
Molekularen Untersuchungen zeigten, dass das durch Nox4 gebildete
H2O2 eine Kaskade in Gang hält, die bestimmte, wichtige
Signalproteine (Phosphatasen) vom Zellkern fernhält. Fehlt Nox4 und damit H2O2,
wandern die Signalproteine in den Zellkern und sorgen dort dafür, dass schwere
DNA-Schäden kaum noch erkannt werden.
Schwere DNA-Schäden – sogenannte Doppelstrangbrüche – entstehen
täglich irgendwo im Körper. Zellen reagieren sehr empfindlich auf solche
DNA-Schäden und setzten ein ganzes Repertoire an Reparaturenzymen in Bewegung.
Hilft das nicht, aktiviert die Zelle ihr Zelltod-Programm – eine
Vorsichtsmaßnahme des Körpers gegen Krebs.
Prof. Katrin Schröder erläutert die Forschungsergebnisse: „Fehlt
Nox4 und ist damit kein H2O2 vorhanden, erkennen die
Zellen die DNA-Schäden nicht mehr. Mutationen reichern sich an und geschädigte
Zellen vermehren sich weiter. Kommt nun ein Umweltgift hinzu, das die DNA
massiv schädigt, werden die Schäden nicht mehr erkannt und repariert. Auch
werden die betroffenen Zellen nicht eliminiert, sondern vermehren sich zum Teil
sehr schnell und unkontrolliert, was schließlich zur Entstehung von Tumoren
führt. Eine geringe Menge H202 hält also ein inneres
Gleichgewicht in der Zelle aufrecht, das die Zellen vor Entartung schützt.“
Publikation: Valeska Helfinger, Florian Freiherr von Gall, Nina Henke, Michael
M. Kunze, Tobias Schmid, Flavia Rezende, Juliana Heidler, Ilka Wittig,
Heinfried H. Radeke, Viola Marschall, Karen Anderson, Ajay M. Shah, Simone
Fulda, Bernhard Brüne, Ralf P. Brandes, Katrin Schröder: Genetic deletion of
Nox4 enhances cancerogen-induced formation of solid tumors. PNAS, https://doi.org/10.1073/pnas.2020152118
Weitere Informationen
Prof.
Dr. Katrin Schröder
Institut für Kardiovaskuläre Physiologie
Fachbereich Medizin
Goethe-Universität Frankfurt
Tel. +49(0)69-6301-83660
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Redaktion: Dr. Markus Bernards, Referent für
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