Hey Hannah! Seit wann bist du denn bei der GLC dabei?
Ich habe im WiSe 16/17 mit der Ausbildung angefangen, in meinem sechsten Semester.
Wie bist du darauf gekommen, dich bei der GLC zu bewerben?
2016 habe ich an der Weingartner Herbstwoche zum Migrationsrecht teilgenommen. Das war eine tolle Erfahrung. Meine Motivation für die Bewerbung bei der GLC war, soziales Engagement mit theoretischem juristischen Wissen zu kombinieren, um so bestmöglich helfen zu können.
Wann hast du gemerkt, dass du dich für Migrations- und Sozialrecht interessierst?
Schon immer war Antidiskriminierung in jeglicher Form ein wichtiges Thema für mich. In Diskussionen rund um diesen Themenkomplex habe ich auch immer versucht, meinen Argumenten eine rechtliche Grundlage zu geben. Besonders prägend für mich war aber das Jahr 2015, als viele Geflüchtete nach Europa kamen und sich ein politischer und gesellschaftlicher Rechtsruck abzeichnete. Damals wurde mir erst recht bewusst, dass ich mich aktiv für Menschen- und Teilhaberechte einsetzen möchte.
Was ist für dich das Schönste an der Beratung?
Das Gefühl, sofort effektiv helfen zu können. Und teilweise schnelle Verbesserungen für die Lebenssituation der ratsuchenden Personen bewirken zu können. Die Tätigkeit gibt einem enorm viel zurück.
Wie viele Fälle hast du bisher bearbeitet?
Seit einem knappen Jahr berate ich, das müssen so zehn bis zwölf Fälle gewesen sein, größere und kleinere. Bei einem größeren Fall haben wir erst Widerspruch eingelegt und dann sogar Klage erhoben. Die Klageschrift zu schreiben war eine Herausforderung und das Ganze geschah unter einigem Zeitdruck. Aber wir haben auf jeden Fall viel gelernt und hoffen nun, dass unser Klient vor Gericht Recht bekommt, obwohl wir als Studentinnen ihn natürlich leider nicht vertreten können.
Du berätst ja nicht nur in der offenen Sprechstunde, die freitags auf dem Campus Westend stattfindet, sondern auch im Lisbethtreff des Caritasverbands in Sachsenhausen. Was unterscheidet diese Tätigkeit von der offenen Sprechstunde?
Während es in der offenen Sprechstunde meist um aufenthaltsrechtliche Fragen geht, gibt es im Lisbethtreff mehr sozialrechtliche Fälle. Der Lisbethtreff ist ja eine Anlaufstelle speziell für wohnungslose und von Wohnungsnot bedrohte Frauen. Außerdem geht es meist um kleinere Probleme als in der offenen Sprechstunde.
Was ist für dich die größte Herausforderung im Rahmen der Beratertätigkeit?
Einerseits möchte ich immer viel helfen, andererseits muss ich natürlich auch darauf achten, dass mein Studium nicht zu kurz kommt. Das kommt aber natürlich auf die Phase im Studium an. Jetzt gerade ist es bei mir eben etwas schwieriger, denn ich bereite mich zurzeit auf mein Examen vor. Man muss meiner Meinung nach einfach seine Balance finden und sich gut organisieren. Dafür muss man sich selbst ein bisschen disziplinieren. Wichtig ist, denke ich, Studium und Beratung zeitlich zu trennen und sich realistische zeitliche Grenzen zu setzen.
Wie hast du die Ausbildung zur Beraterin empfunden?
Sie hat mich auf jeden Fall gut auf die Tätigkeit vorbeireitet, auch wenn man später manchmal durch die Praxis ernüchtert wird. Man ist viel selbstständiger als sonst in der Uni. Für mich persönlich war die Ausbildung die interessanteste Zeit meines Studiums. Ich habe im ersten Jahr alle vier Schwerpunktscheine absolviert, was viel Arbeit war. Aber es hat sich gelohnt.
Inwiefern hat dich dein Engagement fachlich weitergebracht?
Man bekommt viel mehr Selbstbewusstsein, mit unbekannten Fallkonstellationen umzugehen. Im Studium hält man sich oft an Schemata und typische Klausurprobleme; in der Beratung ist jeder Fall anders. Oft gibt es auch kaum oder sogar noch gar keine Rechtsprechung zu dem konkreten Problem. Daher muss man sich selber Argumente überlegen, recherchieren und sich ganz auf den individuellen Fall einlassen. Dadurch hat man auch weniger Angst davor, dass im Examen unbekannte Normen oder Fallkonstellationen drankommen können.
Möchtest du später auch in diesem Bereich arbeiten?
Ich weiß es noch nicht genau, könnte mir aber z.B. vorstellen, Richterin im Sozialrecht zu werden. Wenn nicht, werde ich mich auf jeden Fall weiter ehrenamtlich in dem Bereich engagieren.
Was für Praktika hast du gemacht?
Bevor ich bei der GLC angefangen habe, habe ich ein Praktikum beim Auswärtigen Amt im Bereich Antisemitismus und Antiziganismus gemacht. Das war sehr spannend. Cool war auch das Praktikum bei einer Anwältin im Sozialrecht im Rahmen der Ausbildung zur Beraterin, da ich dort sehr eingebunden war und schon viel selbstständig arbeiten konnte.
Was ist dein Tipp für die zukünftigen Berater*innen, die im Wintersemester 17/18 mit ihrer Ausbildung begonnen haben?
Lasst euch nicht entmutigen von unbekannter Materie, vor allem bei den ersten Fällen. Es ist wichtig, motiviert und zuverlässig zu sein sowie strukturiert zu arbeiten. Bleibt auf jeden Fall dran, es lohnt sich!
Und was würdest du Jurastudierenden raten, die sich auch engagieren wollen?
Macht es auf jeden Fall! Je mehr aktive Berater*innen wir bei der GLC haben, desto besser können wir unser bestehendes Beratungsangebot gewährleisten und ausbauen. Der Bedarf nach Beratung ist nach wie vor hoch.
Vielen Dank, dass du dir Zeit für das Interview genommen hast, Hannah.