Blockseminar in Manigod - Schuld und Schulden

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Veranstalter: Prof. Dr. Klaus Günther und Prof. Dr. Gerhard Gamm (TU Darmstadt)
Art: Blockseminar (2 SWS)
Zeit und Ort: 04.08.2013 - 11.08.2013 in Manigod (Dept. Haute-Savoie), Frankreich
LN: Seminararbeit
Voraussetzungen: Persönliche Voranmeldung. Die Teilnehmerzahl ist begrenzt.
Kommentar:

Die gegenwärtigen Finanzkrisen sind vor allem Schuldenkrisen: Zunächst eine Krise privater Schulden, die aus billigen Darlehen resultierten, mit denen sinkende Einkommen der unteren und mittleren Gesellschaftsschichten kompensiert werden sollten und mit denen Banken und Versicherungen gehandelt und spekuliert haben, dann – aktuell – eine Staatsschuldenkrise. An den Systemen, die diese Krisen hervorgebracht haben, wird nahezu alles in Frage gestellt – nur eines nicht: Es ist ein ehernes Gesetz, dass Schulden bezahlt werden müssen. Warum ist das so? Warum haben Schulden eine so große Macht über das Leben und das Zusammenleben der Menschen, dass man zwar ohne Gott, aber nicht ohne (Rück-)Zahlungsverpflichtungen glaubt leben zu können?  David Graeber hat in seinem Buch „Schulden – Die ersten 5000 Jahre“ die Vermutung geäußert, dass das Gewähren von Kredit und die damit einhergehende Erzeugung eines Abhängigkeits- und Verpflichtungsverhält-nisses zu einem Schuldner eine frühe Macht- und Herrschaftstechnik ist, die es dem Gläubiger erlaubt, über Leib und Leben seines Schuldners zu verfügen und seine Macht öffentlich zu inszenieren. Ihre scheinbare Selbstverständlichkeit erhält sie unter anderem dadurch, dass sie sich religiös aufladen und mit normativen Erwartungen des Rechts und der Moral verknüpfen lässt, ja, so eine von anderen AutorInnen (z.B. Nietzsche, Hénaff) geäußerte Vermutung, möglicherweise sind Verschuldungsverhältnisse überhaupt die Quelle von Religion, Recht, Strafe und Moral. Viele große mythologische und religiöse Erzählungen der Menschheit handeln von einer ursprünglichen Schuld und Verschuldung, die abgetragen, ausgeglichen oder bestraft werden muß. Ist es nur historischer Zufall, dass unsere Worte für strafrechtliche oder moralische Schuld aus einem Bedeutungsumfeld stammen, in dem es um das Begleichen von Schulden geht? In der Moralphilosophie Kants ist die Rückzahlungsverpflichtung aus dem Darlehensverhältnis eines der prominenten Beispiele für das moralische Gesetz des Kategorischen Imperativs. Das Seminar will anhand ausgewählter Texte den Spuren dieser Verquickung von Schuld und Schulden mit ihren Ausfächerungen in Recht und Moral nachgehen.

Die Vorbesprechung findet am 26.04.2013 um 16 Uhr (c.t.) in Raum RuW 3.103 statt.

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