Tagungsbericht

Tagungsbericht zum Symposium 2010„Schlüsselqualifikationen in der universitären Juristenausbildung - Status quo et quo vadis“

Das bundesweit erste Symposium zu Schlüsselqualifikationen in der universitären Juristenausbildung wurde am 4.11.2010 an der Goethe-Universität Frankfurt am Main vom Fachbereichszentrum für Schlüsselqualifikationen veranstaltet. Unter dem Titel „Schlüsselqualifikationen in der universitären Juristenausbildung - Status quo et quo vadis“ ging es mit Fachleuten anderer Hochschulen um eine erste Standortbestimmung zu den Erfahrungen des seit 2003 in § 5a Abs. 3 des Deutschen Richtergesetzes verankerten Grundsatzes, wonach die Schlüsselqualifikationen in der universitären juristischen Ausbildung zu berücksichtigen sind. Mit Fachleuten der Hochschulen aus Berlin, Bielefeld, Düsseldorf, Greifswald, Hamburg, Jena, Köln, Passau, Regensburg und Würzburg wurden die Erfahrungen bei der Umsetzung, die Bedürfnisse der Berufspraxis und weitergehende Reformüberlegungen ausgetauscht und diskutiert.

In seiner Begrüßungsansprache erinnerte der Vizepräsident der Universität Frankfurt Prof. Matthias Lutz-Bachmann an die weltoffenen und liberalen Wurzeln der Frankfurter Universität. In diese Tradition passe das von den Schlüsselqualifikationen abgesteckte Feld, das ideal für eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen Theorie und Praxis sei. Diesen Ausführungen stimmte der Präsident der Rechtsanwaltskammer Frankfurt Prof. Lutz Simon, zu.

Der Dekan des Fachbereichs Rechtswissenschaft an der Goethe-Universität Frankfurt Prof. Manfred Wandt hielt eine Bestandsaufnahme und einen stetigen Ausbau der Schlüsselqualifikationen in der universitären Ausbildung für unabdingbar.

Prof. Joachim Zekoll, geschäftsführender Direktor des Fachbereichszentrums für Schlüsselqualifikationen der Goethe-Universität, betonte die Besonderheit des Frankfurter Modells. Zum besonderen Erfolg dieses Modells habe die Gestaltung der Lehrveranstaltung unter Einbindung von Berufspraktikern und den Hochschullehrern beigetragen. Mit insgesamt 36 Veranstaltungen und einem interdisziplinären Team aus 43 Lehrbeauftragten biete es pro Semester 526 Studierenden ein breites Lehrangebot an. Außerdem habe es sich mit dem englischsprachigen Weiterbildungsprogramm „Deutsche & Internationale Schiedsgerichtsbarkeit“ berufstätigen Juristen geöffnet.

Prof. Martin Henssler, Leiter des Instituts für Anwaltsrecht der Universität zu Köln, berichtete vom breiten Angebot in Köln. Derzeit würden 33 Veranstaltungen mit Bezug zu den Schlüsselqualifikationen angeboten. Diese seien alle an das reguläre Schwerpunktbereichsstudium angegliedert. Hinzu kämen zwölf Veranstaltungen des Bereichs „Central“ sowie didaktische Hilfestellungen des Förderkreises „Recht aktiv“ Die Inhalte entstammten ursprünglich dem Institut für Anwaltsrecht, mittlerweile würden aber auch Richter und Notare eingebunden.

Prof. Fritz Jost, Leiter des Instituts für Anwalts- und Notarrecht an der Universität Bielefeld, berichtete über die Erfahrungen des auf den Anwaltsberuf vorbereitenden „Bielefelder Kompaktkurs“ Hinzu komme eine Mediationsausbildung sowie ein viersemestriges Programm unter der Leitung von Dr. Reiner Ponschab (Autor des einschlägigen Fachbuchs für juristische Schlüsselqualifikationen). Zusätzlich gebe es ab dem Sommersemester 2011 das seminarübergreifende Konzept „Schreiben-Sprechen-Schlichten“.

Der Hauptvortrag von Prof. Harald Koch von der Humboldt-Universität zu Berlin widmete sich dem Thema „Schlüsselqualifikationen: Anspruch und Wirklichkeit“. In seiner Erläuterung des Begriffs Schlüsselqualifikationen hielt er fest, dass eine abschließende und trennscharfe Definition fehle, diese Qualifikationen aber allesamt im praktischen Erlernen und in fachspezifischen Anwendungsbereichen eingeübt werden könnten. Es gehe hierbei nicht um Transfer von Kenntnissen (Wissenskompetenz), sondern um „Könnens-Kompetenz“. Das Fachwissen könnten diese Qualifikationen nicht ersetzen, weshalb es angebrachter sei, Schlüsselqualifikationen einen Platz in der praktischen Ausbildung zu geben. Prof. Koch merkte auch an, dass der Gesetzgeber nur von der Berücksichtigung der Schlüsselqualifikationen im Studium gesprochen habe. Den juristischen Fakultäten habe er daher bei Form und Inhalt entsprechender Lehrveranstaltungen keine Vorgaben machen wollen. Deutlich zu erkennen sei dies in der unterschiedlichen Umsetzung dieser Norm in den verschiedenen Bundesländern.

Rüdiger Derwort, Präsident des Justizprüfungsamtes Hessen und Mitglied der Kommission zur Reform des DRiG, sah eben in diesen zahlreichen Spielräumen, die das Gesetz den Universitäten lasse, erhebliche Vorteile und verwies auf lebendigen und vielschichtigen Ausprägungen, die das Gesetz bereits an der Goethe-Universität gefunden habe.

Dr. Michael Weigel, Dr. Rolf Trittmann, Dr. Robin Fritz, PD. Dr. Jeannette Schmid und Dr. Gregor Kuntze-Kaufhold unterstrichen die Bedeutung von Schlüsselqualifikationen für die spätere berufliche Tätigkeit.

Prof. Manfred Weiss, Beiratsmitglied des Fachbereichszentrums für Schlüsselqualifikationen der Goethe-Universität, regte in seinem Schlusswort an, die Tagung in regelmäßigen Abständen zu wiederholen, um gegenseitig von den vielfältigen Entwicklungen in der Lehre der Schlüsselqualifikationen in der universitären Juristenausbildung zu profitieren.

Hülya Sözsahibi
Rechtsanwältin & Mediatorin,
Geschäftsführerin des Fachbereichszentrums für Schlüsselqualifikationen
an der Goethe-Universität Frankfurt am Main