Schuld, Buße, Strafe – der Beitrag der mittelalterlichen Kirche zur Entstehung des öffentlichen Strafanspruchs (WF 5, 23)

Die gegenwärtigen Bemühungen um eine Orientierung des Strafrechts unter dem Gesichtspunkt des zu verbessernden Opferschutzes haben eine neue Debatte über die Legitimation staatlicher Strafe angestoßen. Opfer von Straftaten erwarten vom Staat Genugtuung durch die Bestrafung des Täters. Vermutungen, das sei nur eine von religiösen Einflüssen befreite Vergeltungsstrafe alten Stils, konkurrieren mit Konzepten einer aus modernisierten Verantwortungsprinzipien folgenden normstabilisierenden Sanktion.

Beide Seiten berufen sich auf geschichtliche Traditionen. Ihre Aufarbeitung ist in den letzten Jahren Gegenstand eines großen Forschungsprojekts („Die Entstehung des öffentlichen Strafrechts“) gewesen. Viele Ursachen und Gründe werden benannt. Sie reichen bis in das Hohe Mittelalter und vielleicht auch noch weiter zurück. Einen Überblick gibt der Aufsatz von Elmar Wadle: „Die Entstehung der öffentlichen Strafe – Klassische Vorstellungen und neue Fragen“, in: Heike Jung/Heinz Müller-Dietz/Ulfried Neumann (Hg.), Perspektiven der Strafrechtsentwicklungen, Baden-Baden 1996, S. 9-30.

Weitgehend offen bleibt aber nach wie vor die Rolle von Theologie und Kirche in jenen Epochen. Das ist für unsere Zeit, die diese Institutionen mehr als noch vor einigen Jahrzehnten zu den wichtigsten sozialethischen Problemen befragt, ein auffälliger Tatbestand.

Auch ist in der wissenschaftsgeschichtlichen Tradition der Deutschen Rechtsgeschichte der Einfluß christlicher Grundvorstellungen (wie Schuld, Buße, Strafe, Person) gegenüber „germanistischen“ Konzepten zu wenig reflektiert worden. Auch von dieser Seite ist es für ein volles Bild vom Recht des Mittelalters geboten, der Bedeutung des religiösen Denkens für die Ausbildung der europäischen Rechtsstrukturen nachzugehen. Das Strafrecht ist hierfür ein besonders geeignetes Forschungsfeld.

Das Seminar soll die Ansätze und Methoden entwickeln, von denen aus diese Fragestellungen erschlossen werden können und gleichzeitig in Bereiche mittelalterlichen Rechtsdenkens einführen.

Vorbesprechung: Mittwoch, 4. Juli 2001, 12.00 Uhr c.t., Raum 416 (Juridicum) Dort auch Festlegung von Seminartermin, evtl. Blockveranstaltung.

gez. Prof. Dr. G. Dilcher

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Die Sprechstunde findet dienstags zwischen 15.00 und 16.00 Uhr in Raum RuW 4.103 statt. Während der Semesterferien vereinbaren Sie bitte per e-mail einen Termin.